Gegen die Strategen des Krieges
Büchel, Essen, Berlin:
Im Herbst gibt es viele Anlässe für die Friedensbewegung, aktiv zu werden
Aufruf Doppel-Aktion Kalkar/Essen 03.Oktober 2016
Von Bernhard Trautvetter
Junge Welt 06.09.2016
Wenn das im niederrheinischen Kalkar gelegene Joint Air Power Competence Centre (JAPCC) mehr als 250 sogenannte Topexperten der NATO zu seiner Jahrestagung unter dem Titel »Vorbereitung der NATO auf Operationen in einem verschlechterten Umfeld« (»Preparing NATO for Joint Air Operations in a Degraded Environment«) vom 4. bis zum 6. Oktober in die Messe Essen einlädt, ist von Krieg keine Rede. Die Militärs bevorzugen harmlosere Begriffe, die sich leichter denken und aussprechen lassen – »Einsätze« und »Operationen« zum Beispiel.
Der Einladungstext zur Tagung stellt die rhetorische Frage, wie es denn zu verhindern sei, dass die heutige »unübertroffene Überlegenheit« der NATO-Technik in Zukunft verloren gehe. Konkreter lauten die Sorgen, die sich die NATO-Strategen machen: Können die westlichen Truppen noch handeln, wenn das Satellitennavigationssystem GPS zusammen-bricht? Was ist, wenn das Internet ausfällt? Oder das Gesundheits- und das Bankensystem? Wie kann die NATO dann doch noch »präzise Schläge« durchführen?
Im – online bereits verfügbaren – »Read-ahead-Manuskript« für die Teilnehmer der Konferenz schreibt der Kalkarer Kommandeur, der Generalleutnant der Luftwaffe Joachim Wundrak, dass der Militärpakt seinen Schwerpunkt nicht mehr – wie im Kalten Krieg – auf Raketentechnologie und Luftwaffenpotentiale im Rahmen des sog. „Integrated Air Defense Systems lege. Statt solcher Großsysteme gehe es ihm heute mehr um kämpfende und unterstützende Armeeteile, um die Nutzung automatisierter Systeme sowie konkrete wie virtuelle Übungen in Manövern. Wundrak warnt, dass die Militärs nicht rechtzeitig die »notwendigen« Waffen bei den Rüstungsfirmen in Auftrag gegeben hätten. Man müsse das Militärpersonal darauf vorbereiten, in »von feindlichen Handlungen geschädigten« – also umgangssprachlich auch Schlachtfeld genannten – Arealen zu kämpfen, hierfür brauche man die notwendige Ausrüstung.
Diese Schlussfolgerung wirft die Frage auf, warum Herr Wundrak solche Szenarien nicht zu Ende denkt. Schließlich befinden sich in Europa circa 200 Atomreaktoren. Ein kriegerisches Szenario hätte hier, in einer am meisten industrialisierten Gegenden der Erde, unabsehbare Konsequenzen.
Aufruf Doppel-Aktion Kalkar/Essen 03.Oktober 2016
Gegen die Zündelei der NATO-»Experten« macht die Friedensbewegung mobil.
Am 3. Oktober soll am Essener Willy-Brandt-Platz unter dem Motto »No NATOm-Krieg« demonstriert werden. Auf der Kundgebung werden Florian Kling von den kritischen Soldaten des Darmstädter Signals und Eugen Drewermann sprechen, sie beginnt um 15 Uhr.
Am Morgen des 3. Oktober wird der Friedenstag mit einer Demonstration und Kranzniederlegung für die Opfer der Drohnenkriege in Kalkar beginnen.
Bereits am Montag, den 12. September, wollen Friedensaktivisten die Zufahrtswege des Fliegerhorstes und Militärstützpunkts Büchel in Rheinland-Pfalz blockieren. Hier sind die letzten Atomwaffen auf deutschem Boden stationiert. Initiiert wurde die Aktion vom Jugendnetzwerk für politische Aktionen (Junepa).
Rund um die Aktion wird es vom 9. bis 14. September ein Camp geben, das Raum für inhaltliche Workshops und Aktionsvorbereitungen bietet. Die AG Frieden Trier unterstützt die Aktion von Junepa.